Als Betroffene*r einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) hast du sicherlich schon einmal von einer Steroidtherapie gehört oder auch schon selbst Erfahrungen damit gemacht. Als eine Form der immunsuppressiven Therapie, dient sie in der CED-Behandlung der Unterdrückung von Entzündungsreaktionen im Darm. Mit dem Ziel des Erreichens der Remission wird die Steroidtherapie hierbei vor allem bei besonders schweren Krankheitsverläufen mit einer hohen CED-Aktivität und akuten Entzündungsschüben eingesetzt.

Werden die Steroide jedoch auch nach Erreichen der Remission langfristig eingenommen, kann dies verschiedene Nebenwirkungen zur Folge haben. Hierzu zählen etwa:

  • Veränderungen des körperlichen Erscheinungsbildes, wie z.B. Wassereinlagerungen, die Entstehung von Dehnungsstreifen oder eines Mondgesichts, Muskelschwäche oder Hautveränderungen wie Akne, Pickel oder Blutergüsse

  • Verdauungsstörungen, etwa in Form von Oberbauchschmerzen, Magenbrennen, Übelkeit, Glukoseunverträglichkeit oder durch ein stetiges Völle- oder Sättigungsgefühl

  • Psychische Reaktionen, die sich beispielsweise in euphorischen bis depressiven Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen äußern können

  • Langfristige Auswirkungen wie die Entstehung von Osteoporose oder Diabetes

Aufgrund dieser vielfältigen und mitunter gravierenden Nebenwirkungen empfehlen die medizinischen Leitlinien den Einsatz von Steroiden nur im Akutfall und nicht zum Remissionserhalt: Das Ziel einer nachhaltigen CED-Behandlung ist eine langfristige steroidfreie Remission. Solltest du Steroide einnehmen und sich eine dieser Nebenwirkungen bemerkbar machen, dann sprich in jedem Fall mit deinem behandelnden Gastroenterologen bzw. deiner behandelnden Gastroenterologin. Was du zusätzlich tun kannst, um etwa das Risiko einer Osteoporose zu verringern, erfährst du im Artikel Unterschätztes Risiko – mit den richtigen Maßnahmen Osteoporose vorbeugen

Bei langfristiger Einnahme droht eine Steroidabhängigkeit

Neben den verschiedenen Nebenwirkungen, die eine dauerhafte Steroidtherapie mit sich bringen kann, besteht noch ein weiteres Risiko: Die Einnahme nach dem Erreichen einer Remission kann die Entstehung einer sogenannten „Steroidabhängigkeit“ begünstigen. Per medizinischer Definition liegt eine Steroidabhängigkeit vor, wenn:

  • Steroide innerhalb von 3 Monaten nach Therapiebeginn nicht abgesetzt werden können, ohne dass die Krankheitsaktivität zunimmt oder

  • innerhalb von 3 Monaten nach Absetzen der Steroide erneut Krankheitsschübe auftreten.

Lange Steroidtherapien bergen also das Risiko, eher zu Rückfällen und erneuten Schüben zu neigen, die wiederum erneut eine dringende Behandlung mit Steroiden erforderlich machen könnten – ein Kreislauf, den es zu vermeiden gilt.

Krankenkassendaten machen Risikofaktor Steroidabhängigkeit sichtbar

Dass das Phänomen Steroidabhängigkeit nicht gerade selten ist, belegt eine Auswertung von Krankenkassendaten in Deutschland. Trotz der geltenden Empfehlungen einer steroidfreien Remission, zeigen die Daten, dass viele CED-Betroffene in Deutschland dauerhaft mit Steroiden behandelt werden. Fast die Hälfte der Betroffenen weist eine CED-Aktivität auch bei bestehender Steroidbehandlung oder Steroidabhängigkeit auf. Darüber hinaus zeigen die Daten, dass ein langfristiger Remissionserhalt mit Steroiden das Risiko erneuter Schübe erhöht. Dies wiederum zieht vermehrte Klinikaufenthalte nach sich.

Eine Anpassung deiner Therapie als möglicher Ausweg

Solltest auch du schon länger Steroide einnehmen, obwohl du dich gerade in Remission befindest, dann suche das Gespräch mit deinem Gastroenterologen bzw. deiner Gastroenterologin, um mögliche Optionen zum Absetzen deiner Steroidbehandlung zu besprechen. Gemeinsam könnt ihr das empfohlene Therapieziel einer steroidfreien Remission möglich machen und die negativen Auswirkungen einer anhaltenden Steroideinnahme vermeiden.

Weitere Hintergründe dazu, inwiefern die Kommunikation zwischen Ärzt*in und Patient*in bedeutend für die Therapieentscheidungen ist, erfährst du im Artikel Shared Decision Making – mehr Eigenverantwortung in der CED-Therapie. Das Thema Eigenverantwortung bei Therapie-Entscheidungsprozessen wird im Artikel Wie viel Eigenverantwortung und Selbstständigkeit bei deiner Behandlung wünschst du dir? konkreter beleuchtet.

Eine auf die Patient*innenindividuellen Bedürfnisse abgestimmte Therapieanpassung kann zudem nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Lebensqualität von Betroffenen verbessern. So kann etwa ein frühzeitiger Wechsel zu anderen immunsuppressiven Therapien verhindern, dass eine Steroidabhängigkeit entsteht, welche weitere Einschränkungen im Alltag und des Wohlbefindens nach sich zieht.

5. Aug 2021
CED Flexiblerer Therapiealltag

Drei Tipps für einen flexibleren Therapiealltag #TrotzCED

Gerade bei chronischen Erkrankungen – die einen ein Leben lang begleiten – kann es für Betroffene wichtig sein, eine Behandlung zu finden, mit der sie gut zurechtkommen und die sich mit ihrem Alltag vereinbaren lässt. Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) stehen verschiedenste Therapieoptionen zur Verfügung, die mitunter auch ein unterschiedliches Maß an Flexibilität versprechen. Je flexibler du deine Therapie gestalten möchtest, desto mehr Eigenverantwortung und Selbstständigkeit gehen damit einher. Dies Betrifft alle Phasen der Therapie: Therapieentscheidung, -durchführung und ihre Reflexion/Evaluation. Mit unseren drei Tipps möchten wir dir aufzeigen, wie dir ein flexibler Therapiealltag gelingen kann.