Colitis ulcerosa: Nadine
Steckbrief:
Name: Nadine
Diagnose: Komplexe perianale Fisteln (mit 33 Jahren) als Begleiterkrankung der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (mit 30 Jahren), rheumatoide Arthritis und Fatigue
Beruf: Bereichsleitung Arbeitsschutz im Veranstaltungsservice, Qualitäts- und Arbeitsschutzmanagement
Motto: "You´ll never walk alone!"
Nadine ist treuer Fan des FC St. Pauli, besucht gerne Konzerte und liebt es zu tanzen. Ab dem Jahr 2010 verändert sich ihr Leben drastisch: Wochenlang litt Nadine damals an Durchfällen. Sie hielt das für eine Folge der Schmerzmittel, die sie nach einer Zahnoperation eingenommen hatte. Nachdem sie bei einem Musikfestival auf den Toiletten zusammenbricht, kommt sie in die Klinik. Dort stellten Ärzt*innen fest, dass sie an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) erkrankt war. Drei Jahre später kamen starke Schmerzen im Po dazu – egal ob sie lag, saß oder sich bewegte. Ein Gastroenterologe hatte sie dann ins Krankenhaus geschickt. Dort erfuhr sie, dass es sich um „eine kompliziertere Sache“ handelte und eine Operation notwendig sei. Nach der Operation wachte Nadine mit starken Schmerzen auf, ihre Fragen wurden nicht beantwortet, einen Arzt oder eine Ärztin bekam sie nicht zu Gesicht. Die Diagnose erfuhr sie erst durch den Entlassungsbrief des Krankenhauses: komplexe perianale Fisteln – ein*e Fach*ärztin solle sich um die Nachsorge der gelegten Drainage kümmern.
Es funktionierte gar nichts mehr.
Mit Anfang 30 brauchte sie plötzlich Hilfe im Alltag, ihre Partnerschaft zerbrach, sie fühlte sich alleine – Nadines Leben stand auf dem Kopf. Sie hatte weiterhin starke Schmerzen, auch verursacht durch die Drainage, die wie ein Strohhalm mit scharfen Spitzen von innen in beide Pobacken stach. Über Jahre wird sie nicht ausreichend über das Ausmaß ihres Zustands, mögliche Komplikationen oder Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt – bis sie beschließt, Dinge für sich selbst zu verbessern.
Sie stürzte sich in die Internet-Recherche und fand selbst heraus, was überhaupt perianale Fisteln sind und wie diese mit der CED zusammenhängen. Sie fand Beratungsstellen, bekam Broschüren mit Tipps zur Selbsthilfe und konnte ihre Fragen stellen. So geriet sie nach vier Jahren endlich an Ärzt*innen, die ihre Situation ernst nehmen und ihr wirklich helfen. Regelmäßige MRT- und Ultraschallkontrollen sowie eine gut eingestellte Therapie sorgen dafür, dass die Fisteln ihr kaum noch Probleme bereiten, auch wenn sie zeitweise an Entzündungen oder kleineren Abszessen leidet.
Menschen mit chronischen Erkrankungen müssen nicht alleine sein. Heute bin ich laut und sichtbar.
In den sozialen Medien teilt Nadine heute auf humorvolle Art und Weise ihre Geschichten, die sie als „Frau mit unsichtbarer Behinderung“ erlebt. Es ist ihr sehr wichtig, dass Tabuthemen auch weiterhin immer mehr in der Öffentlichkeit oder in den Medien angesprochen werden. Hier ist sie vernetzt und findet es schön, anderen mit ähnlichen Problemen zu helfen und sich auszutauschen. Um die Vernetzung chronisch kranker Menschen engagiert Nadine sich zum Beispiel auch als offizielles Mitglied des Vereins „Chronisch Glücklich e.V.“.
Sie geht auch wieder zum Fußball und auf Festivals – wichtig ist ihr nur, dass ihre Begleitung weiß, was los ist. Und wenn sie das Gefühl hat, dass es ihr nicht so gut geht, nimmt sie ein kleines Köfferchen mit, in dem die wichtigsten Dinge für unterwegs sind.
Ich merke, dass ich nicht alleine bin und dass ich mit einer chronischen Erkrankung glücklich sein kann. Je länger ich damit lebe, umso besser kann ich mit der Krankheit umgehen.
Freigabenummer: EXA/DE/ALOFI/0212