Patientenporträts Fistelbotschafterin: Nina

Steckbrief:

Name: Nina

Diagnose: Komplexe perianale Fisteln und Morbus Crohn (mit 27 Jahren)

Beruf: Pflegekraft im medizinischen Bereich

Motto: "Wenn du dich selbst nicht liebst, kannst du nicht geliebt werden."

Chronisch krank mit 27 Jahren. Das war für Nina steinig: Die Diagnose erhält Nina erst nach einer Notoperation, davor muss sie darum kämpfen, gehört zu werden. Als Nina im Oktober 2019, damals im 5. Monat schwanger, das erste Mal Schmerzen in der rechten Gesäßhälfte verspürte, dachte sie sich zunächst nicht viel dabei. „Fehlhaltung, weil der Bauch so groß ist“, war die Aussage ihrer Gynäkologin und auch die ihrer Hausärztin. Doch als Nina Silvester 2019 vor Schmerzen nicht mehr sitzen und stehen konnte und jeder Toilettengang zur Qual wurde, ging sie auf eigene Initiative ins Krankenhaus. Dort ging dann alles ganz schnell: Notaufnahme, Ultraschall, OP. Ein Abszess, dessen Größe sich erst während der OP offenbarte und eine Fistel, die das Legen einer Drainage erforderte. Glücklicherweise verlief der Eingriff komplikationslos und auch ihrem Sohn ging es nach der Geburt gut. Nina hatte damals die Hoffnung, dass damit alles wieder in Ordnung ist. Doch die Diagnose: Komplexe perianale Fisteln – was abstrakt klingt, ist für die Betroffenen der Beginn eines Lebens, das oftmals völlig auf den Kopf gestellt ist.

Ich muss akzeptieren, dass es ein Teil von mir ist. Ich bin als Mensch trotzdem liebenswert.

Mit der Entlassung aus dem Krankenhaus kamen für Nina neue Herausforderungen. Nicht nur die Wundversorgung gestaltete sich mit fortschreitender Schwangerschaft zunehmend schwierig, auch der Umgang mit der Krankheit und die damit einhergehenden Schmerzen und Einschränkungen waren sehr belastend für sie. Die Versorgung ihres inzwischen geborenen Sohns wurde zum Kraftakt. Ihre „neue“ Realität war geprägt von ständigen Gedanken an die Drainage, jeder Toilettengang war kompliziert und aufwendig – und außerhalb der eigenen vier Wände erklärungsbedürftig. Die Folge war, dass Nina sich zunehmend isolierte, nicht mehr ausging und (Familien-)Feiern mied. Ihr Partner unterstützte sie, baute sie immer wieder auf und kümmerte sich um sie und die kleine Familie. Doch Nina nahm all das nicht wahr, sie war traurig und hatte resigniert.

Es fühlte sich an, als hätte mir jemand einen zehn Kilo schweren Rucksack vom Rücken genommen.

Ein Foto der „alten“ Nina, die in die Kamera lacht und fröhlich ist, bringt sie ins Grübeln und holt sie aus ihrem Loch. Schließlich öffnet sie sich gegenüber Familie und engen Freunden. Der offensive Umgang mit ihrer Krankheit stößt auf positive Resonanz: Aufgeschlossenheit und rückblickend auch Verständnis. Das Beenden des Versteckspiels ist auch das Ende ihrer selbstgewählten Isolation. Nina nimmt wieder am Leben teil und beginnt zu verstehen, dass es mehr gibt, was sie als Mensch ausmacht als die Krankheit, die so lange Mittelpunkt ihres Denkens und Lebens war.

Austausch ist was ganz Besonderes. Diese Menschen verstehen einen wirklich und sagen es nicht nur. Das motiviert.

Der Austausch mit anderen Betroffenen u.a. über Social-Media-Kanäle ist ein weiterer Schritt in Richtung Akzeptanz der Krankheit, vor allem als auch noch die Diagnose „Morbus Crohn“ hinzukommt. Denn auch gesundheitliche Rückschläge kann sie durch den Austausch verarbeiten. Denn Reden hilft ungemein oder auch nur das Wissen, dass jemand da ist, zu dem man gehen kann. Inzwischen hat Nina sich in ihrem „neuen“ Leben eingefunden. Sie hat eine neue Therapie begonnen, die ihr Hoffnung auf Erleichterung und ein paar „Drainage-freie“ Jahre – und damit auch ein Stück Lebensqualität zurück gibt. Sie freut sich über jede gemeisterte Aufgabe oder einen Waldspaziergang ohne anschließende Schmerzen. Außerdem kann sie nach wie vor in ihrem Berufsfeld arbeiten. Sie hat Mittel und Wege gefunden, für sie unangenehme Situationen zu vermeiden und so Leichtigkeit und Lebensfreude zurückgewonnen. Natürlich sind Ängste und Sorgen ein ständiger Begleiter, doch Nina hat gelernt, mit ihnen umzugehen und blickt zuversichtlich in die Zukunft.

Die Situation ist, wie sie ist. Je mehr ich darüber spreche, desto besser geht es mir. Desto mehr kann ich es akzeptieren. Ich bin trotzdem noch eine Frau und eine Mutter. Ich darf trotz allem lachen.

Freigabenummer: EXA/DE/ALOFI/0214