Austausch auf Augenhöhe – Die Bedeutung von Kommunikation in der CED-Behandlung

CED Austausch auf Augenhöhe

Die Diagnosestellung einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) wie Colitis ulcerosa (CU) und Morbus Crohn (MC) kann für Betroffene zunächst überfordernd sein. Auch bei den verschiedenen Therapie¬entscheidungen warst du womöglich schon einmal verunsichert. In solchen Situationen ist es besonders wichtig, dass du deine Fragen und Sorgen offen mit deinem Gastroeneterologen bzw. deiner Gastroenterologin kommunizierst. Das Gespräch mit anderen Betroffenen kann zudem hilfreich sein, um Tipps für den alltäglichen Umgang mit deiner CED zu erhalten. Eine Möglichkeit hierfür bot die virtuelle Veranstaltung „CED Austausch auf Augenhöhe“: Teilnehmer*innen konnten sich sowohl mit anderen Betroffenen als auch mit Expert*innen, wie erfahrenen Fachärzten und einer medizinischen Fachangestellten (MFA), austauschen.

Zunächst lieferte der Experte Prof. Dr. Andre Franke (Kiel) Hintergrundinformationen in seinem Impulsvortrag „CED und Vererbung: Zahlen, Daten, Fakten“. Wenn dich das Thema Genetik im Rahmen deiner CED interessiert, dann findest du mehr Informationen in unserem Artikel Die genetischen Veranlagungen bei CED. Anschließend berichtete PD Dr. Bernd Bokemeyer (Minden) über „Patientenzentrierte Betreuung in der Praxis: Lebensqualität und Zufriedenheit im Fokus“. Unter dem Motto „Leben mit CED: Das ist für mich im Alltag wichtig“ sprachen die CU-Betroffene Lara Günthner und der MC-Patient Martin Turbanisch in einer moderierten Diskussionsrunde über alltägliche Erfahrungen. Die Moderation übernahm hierbei die CU-Betroffene Désirée Marie Fehringer, während Dajana Pilipovic als erfahrene MFA Einblicke in die Praxis gab. In der Runde kommt dir vielleicht ein Gesicht bekannt vor: In dem Artikel „Ich habe es nie zugelassen, dass mein Morbus Crohn mein Familienleben allzu sehr beeinträchtigt“ haben wir bereits von Martins Krankheitsgeschichte mit MC berichtet.

Während der gesamten Veranstaltung – sei es nach den Vorträgen der Experten oder während der Diskussionsrunde – konnten die insgesamt 80 Teilnehmer*innen virtuell Fragen stellen. Du hast die Veranstaltung verpasst? Kein Problem: Die Aufzeichnung findest du hier.

CED-Behandlung: Zusammenspiel von Patient*innen und Ärzt*innen

Für den Erfolg einer CED-Behandlung stellte der CED-Experte PD Dr. Bokemeyer insbesondere einen Faktor heraus: Die sogenannte Adhärenz. Dieser Begriff beschreibt zum einen wie sehr Patient*innen die Therapievorgaben einhalten, zum anderen ist damit aber auch das Verhalten der Ärzt*innen gemeint, die bei Therapieentscheidungen auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen sollten.1 Bei fehlender Adhärenz kann es u. a. zu einem Krankheitsrückfall (Rezidiv) kommen, selbst wenn die Patient*innen zuvor keine akuten Krankheitssymptome mehr zeigten – also in Remission waren.2 Um dies zu verhindern und die Adhärenz zu stärken, sei eine offene Kommunikation zwischen dem Behandlungsteam und den Patient*innen entscheidend, wie PD Dr. Bokemeyer erläuterte. Diese Kommunikation kann oftmals noch verbessert werden, wie auch eine Umfrage während der virtuellen Veranstaltung zeigte: Fast die Hälfte der Teilnehmer*innen wünschte sich mehr Raum für den partnerschaftlichen Austausch über spezielle Fragen und Anliegen in der Zusammenarbeit mit ihren Ärzt*innen. Hier können auch MFAs als Ansprechpartner*innen dienen: In der Diskussionsrunde rief Dajana Pilipovic dazu auf, bei bei Fragen und Sorgen z. B. zu körperlichen Symptomen oder seelischen und psychosozialen Problemen aktiv auf die MFAs zuzugehen.

Sollten Ärzt*innen im Rahmen der Behandlung nicht auf die Wünsche der Patient*innen eingehen, obwohl medizinisch nichts dagegenspricht, riet PD Dr. Bokemeyer zu einem Ärzt*innenwechsel. Auch die Betroffenen bestätigten in der Diskussionsrunde, dass ein Vertrauensverhältnis zu ihren behandelnden Ärzt*innen entscheidend für sie sei. Dabei schilderten sie unterschiedliche Erfahrungen: Nur ein Betroffener der Gesprächsrunde war von Beginn an mit seinem Gastroenterologen zufrieden, während die anderen mehrfach ihre Ärzt*innen wechseln mussten, bis sie sich wohl fühlten. 

Lebensqualität: Einflussfaktoren und Tipps der Betroffenen

Einen weiteren Fokus setzte die Veranstaltung „CED Austausch auf Augenhöhe“ auf die Lebensqualität. Körperliche Symptome, wie vermehrter Stuhldrang, Durchfälle und rektale Blutungen, können im Alltag einschränken und das Wohlbefinden der Betroffenen reduzieren.3 Hinzu können psychische Beschwerden kommen: Ängste und Depressionen treten bei CED-Patient*innen mehr wie doppelt so häufig auf als in der Allgemeinbevölkerung.4 Um sowohl die Symptome als auch die Lebensqualität zu verbessern, wird die Remission als Behandlungsziel angestrebt.5,6 Hier schließt sich der Kreis zur Adhärenz: Wie PD Dr. Bokemeyer in seinem Vortrag erläuterte, ist die Adhärenz notwendig, um die Remission zu erhalten. 

Jede CED ist anders und du musst deinen individuellen Weg im Alltag mit deiner Erkrankung finden. Die Betroffenen der Diskussionsrunde haben ihren Umgang mit ihrer CED schon gefunden und können dir einige Tipps mit auf den Weg geben: 

Tipps von Betroffenen für Betroffene:

  • Probiere aus, was dir guttut. Das gilt u. a. für Sport und Ernährung.
  • Mach dir keinen Druck und akzeptiere, wenn etwas nicht geht.
  • Gönn dir Pausen im Alltag.
  • Sprich am Arbeitsplatz offen über die CED – erst dann können Kolleg*innen Rücksicht nehmen.
  • Fordere Vorteile ein: Frag z. B. Ärzt*innen nach einer Reha oder einem Schwerbehindertenausweis.
  • Nicht nur in Bezug auf Sexualität: Sprich offen mit deinem*r Partner*in.
  • Such dir einen guten Arzt bzw. eine gute Ärztin, bei dem*der du dich wohl und gut aufgehoben fühlst.
  • Informiere dich über deine Erkrankung, aber geh nicht immer vom Schlimmsten aus.
  • Versuch die Erkrankung in manchen Situationen mit Humor zu nehmen.
  • Genieße gute Tage und bleib optimistisch.
     

Quellen:

  1. Seehasen M, et al. Adhärenz im Praxisalltag effektiv fördern. Dtsch Arztebl 2011; 108(43): A-2276 / b-1918.

  2. Kane S, et al. Medication nonadherence and the outcomes of patients with quiescent ulcerative colitis. Am J Med. 2003; 114(1): 39-43.

  3. Carpio D, et al. Perception of disease burden and treatment satisfaction in patients with ulcerative colitis from outpatient clinics in Spain: UC-LIFE survey. Eur J Gastroenterol Hepatol. 2016; 28(9): 1056-64.

  4. Navabi S, et al. Influences and impact of anxiety and depression in the setting of inflammatory bowel disease. Inflamm Bowel Dis. 2018; 24(11): 2303-2308.

  5. Sturm A, et al. Aktualisierte S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des M. Crohn“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). 2021; AWMF-Registriernummer: 021-004.

  6. Kucharzik T, et al. Aktualisierte S3-Leitlinie Colitis ulcerosa – Living Guideline: Überprüfung 2021; AWMF-Registriernummer: 021-009.