Laborwerte verstehen

Tabelle 1.1: Die Abbildung wurde mit freundlicher Genehmigung des Zuckschwerdt Verlags aus folgendem Buch entnommen: „Der große Patientenratgeber Morbus Crohn und Colitis ulcerosa“ von Frau Prof. Dr.med. Seiderer-Nack, © 2013 Zuckschwerdt Verlag, ISBN 978-3-86371-077-4


Um eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung festzustellen oder im Krankheitsverlauf beurteilen zu können, werden im Rahmen der Diagnostik auch Blutuntersuchungen und Stuhlproben durchgeführt. Der nachfolgende Text und die angefügte Übersichtstabelle soll dir dabei helfen, die einzelnen Laborwerte und ihre Aussagekraft besser zu verstehen.

Um die Entzündungsaktivität im Körper zu beurteilen, werden:

  • die Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten)
  • die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)
  • sowie das C-reaktive Protein (CRP) gemessen.

Auf eine vorhandene Entzündung deuten beispielsweise erhöhte Leukozyten, eine erhöhte BSG und ein erhöhtes CRP hin. Diese Werte sind allerdings nicht spezifisch für Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, d.h. auch bei einem Abszess im Körper oder einer Lungenentzündung können diese Werte erhöht sein.

Zu einer Routineblutuntersuchung gehört neben der Bestimmung der Leukozyten auch die Bestimmung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), der Blutplättchen (Thrombozyten) und des Hämoglobin-Wertes. Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung leiden infolge der chronischen Entzündungsreaktion im Körper und der Blutverluste häufig an einer sogenannten Anämie, einer Blutarmut. Dabei ist typischerweise der Hämoglobin-Wert erniedrigt. Hämoglobin ist der rote Blutfarbstoff – genauer gesagt ein eisenhaltiger Eiweißkomplex, der in den roten Blutkörperchen für die Bindung von Sauerstoff zuständig ist. Damit alle Organe des Körpers ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, müssen die roten Blutkörperchen also genügend Hämoglobin haben, um die Versorgungslage abzudecken. Kommt es nun infolge eines Eisenmangels zu einer verminderten Bildung von Hämoglobin, sinkt der Hämoglobinwert und man spricht von einer Blutarmut (Anämie). Die Ursache eines niedrigen Hämoglobin-Wertes sind bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen neben einem Eisenmangel häufig auch ein Mangel an Vitamin B12 und Folsäure – auch diese Vitamine werden im Knochenmark zu einer ausreichenden Bildung der roten Blutkörperchen benötigt. Um eine Anämie genauer bestimmen zu können, werden neben den Erythrozyten und dem Hämoglobin-Wert daher auch das freie Eisen im Blut, das Speichereisen (Ferritin) sowie der Vitamin B12-Gehalt gemessen. Insbesondere Crohn-Patienten mit einem entzündlichen Befall der terminalen Ileums oder nach einer Entfernung dieses Dünndarmabschnittes (Ilezökalresektion) sind häufig von einem Vitamin B12-Mangel betroffen, da dieses Vitamin im menschlichen Körper nur im terminalen Ileum aufgenommen wird.

Zur Laboruntersuchung gehören auch:

  • die Elektrolyte wie zum Beispiel Natrium und Kalium, die bei starken Durchfällen durch den Flüssigkeitsverlust über den Darm erniedrigt sein können
  • die Bestimmung der Gerinnungswerte.
  • die Nierenwerte Kreatinin und Harnstoff
  • und die Leberwerte GOT, GPT, AP und gamma-GT.

Insbesondere bei dem Verdacht auf ein kombiniertes Vorliegen einer PSC (primär sklerosierenden Cholangitis) sind die Leberwerte wichtig: Die PSC ist eine seltene Begleiterkrankung einer CED, bei der es zu einer Entzündung der Gallengänge und auch einem Gallenstau kommen kann. Bei diesen Patienten können die Laborparameter Alkalische Phosphatase (AP) und gamma-Glutamyltransferase (GGT) erhöht sein.

Darüberhinaus stehen noch zahlreiche Spezialuntersuchungen zur Bestimmung von Antikörpern und anderen Parametern im Blut zur Verfügung, die bei Patienten mit CED aber nicht routinemäßig Anwendung finden.

Seit ein paar Jahren ist es über Untersuchungen von Eiweißverbindungen im Stuhl auch möglich, nähere Aussagen über die Entzündungsaktivität im Magen-Darm-Trakt machen zu können. Ein Beispiel ist hierbei der sogenannte Calprotectin-Wert, der relativ einfach über die Abgabe einer Stuhlprobe im Labor bestimmt werden kann. Calprotectin ist ein Eiweiß, das in weißen Blutkörperchen vorkommt und bei vermehrten Entzündungsvorgängen im Darm freigesetzt wird. Befindet sich ein Patient mit CED im akuten Schub, so sind die Calprotectin-Werte meist erhöht während sie während einer entzündungsfreien Remission eher niedriger sind. Daher wird dieser Werte gerne auch zum Therapiemonitoring und zur Verlaufskontrolle bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa eingesetzt.

Autorin: Frau Prof. Dr. Seiderer-Nack, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin